Hallo, kann mir jmd sagen, was uns Robert Walser mit seiner Kurzgeschichte "Vor der Verlobung" (s. unten)sagen möchte?
Ein Mädchen und ein junger Mann waren sehr unglücklich. Er sollte sie entführen, war aber dazu nicht recht entschlossen. Sie wollte entführt sein, ahnte aber, dass das ziemlich schwierig wäre. Ich weiss nicht, in welchem Zeitalter dies passierte, item, es kam zur Entscheidung, die Stunde schlug, natürlich war's Nacht, der Wind wehte, der nahe Wald war ganz schwarz. Eigentlich hätte Mondlicht leuchten sollen, leider war's nicht der Fall. Was taten unsere Liebenden? Sie schauten einander lange an, mit Zweifel und Bangen in den Augen. Schliesslich flohen sie, aber es war, als flöhen sie vor ihrem Nichtwissen, wohin nun? Sie kamen aufs Feld, das Gras duftete, es war zur Zeit der Heuernte. Schon fingen sie an, müde zu werden und sich ein wenig zu langweilen. Entführungen waren sonst immer aufrüttelnd, die Herzen klopften, die Erwartung stieg aufs höchste. Hier war's anders. Als sie in einem Wald anlangten und sich zu Boden setzten, hörten sie von da und dorther ein Geräusch, als käme jemand, aber es kam niemand. Nichts begegnete ihnen, nur die Tannen wankten, die Blätter flüsterten, das Laub rauschte, die Äste knacksten, ein Käuzchen schrie leise und über den Bäumen blinzelten die Sterne. Da kam eine Stimmung des Einsehens in beide; sie sagten sich, es wäre besser, wenn sie umkehrten. Alles bliebe beim alten und das wäre ja eigentlich das Schönste. Sie hielten es für vernünftig, heimzuziehen, und auf dem Heimweg lächelten sie. Ein Hund bellte; sonst war alles still, und jetzt trat der Mond hervor, als käme er, um ihnen beizupflichten. Es war, als freue er sich über ihre Entsagung. Sie wollten auf alles verzichten, zukünftig nichts wie folgsam und brav, nicht mehr abenteuerlustig, sondern rechtschaffen, nicht mehr dumm, sondern klug, nicht mehr widerspenstig, sondern artig, nicht mehr übermütig, dafür aber auch nicht mehr unschlüssig sein. "Morgen früh spiel ich zu meiner Erbauung ein Stück auf dem Piano", sagte sie, und er sagte auch etwas. Sie liebten sich wegen der misslungenen Entführung nicht weniger, nein, die wahre Liebe fing nun erst an. Jetzt erst wurden sie warm. Jetzt, wo sie nicht mehr an Äusserlichkeiten dachten, begann das Innerliche. Nun lachten sie, umarmten sich, küssten sich, waren sich kolossal gut, nahmen das als selbstverständlich. Vorher hatte eins dem andern die Pflicht aufgebürdet, furchtbar mutig zu sein, die Ruhe des alltäglichen Lebens geringzuschätzen. Nun sie ruhig geworden waren, nichts Extravagantes mehr vollbringen wollten, gingen ihnen die Sinnen wie Sommerrosen auf; sie waren befriedigt, führten einander heim, fanden es schön, bis zur Verlobung noch ein wenig Geduld zu haben. Als sie zu Hause ankamen, stand jemand da, der sie fragte: "Seid ihr nun einig?" Sie antworteten: "Ja, wir sind's." Und so hätte unsere Geschichte einen glücklichen Abschluss gefunden; das ist die Hauptsache, da gibt's morge